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Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte haben sich an der Zahlung des Pflichtteils zu beteiligen

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Grundsätzlich schuldet der Erbe den Pflichtteil
  • Der Erbe kann aber einen Vermächtnisnehmer oder einen Auflagenbegünstigten mit ins Boot holen
  • Der Pflichtteil wird dann auf mehrere Schultern verteilt

Wenn bei einem Erbfall Pflichtteilsansprüche ausgelöst werden, weil der Erblasser nächste Angehörige oder den eigenen Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner von der Erbfolge ausgeschlossen hat, dann hat grundsätzlich der Erbe diese Pflichtteilsansprüche zu regulieren.

Der betroffene Erbe sollte aber nicht übersehen, dass sich nach § 2318 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte an der Zahlung des Pflichtteils anteilsmäßig zu beteiligen haben.

§ 2318 BGB gibt dem Erben das Recht, Zahlungen gegenüber Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte anteilsmäßig zu kürzen, damit die Pflichtteilslast anteilig auch von diesen mitgetragen wird.

Erblasser kann in seinem Testament Weisungen erteilen

Der Erblasser kann allerdings in seinem Testament oder Erbvertrag von dieser Vorschrift abweichende Anordnungen treffen. Hat der Erblasser also bestimmt, dass die Pflichtteilslast tatsächlich alleine vom Erben zu tragen ist und eine Beteiligung von Vermächtnisnehmern oder Auflagenbegünstigten nicht in Frage kommt, dann ist dies wirksam und der Pflichtteil ist in diesem Fall in voller Höhe alleine vom Erben zu tragen, § 2324 BGB.

Fehlt es aber an einer solchen vom Gesetz abweichenden Anordnung durch den Erblasser, so verbleibt es dabei, dass sich ein Vermächtnisnehmer oder ein Auflagenbegünstigter anteilig ander Pflichtteilslast zu beteiligen haben.

Folgendes Beispiel soll den Rechenweg zur Ermittlung der anteiligen Beteiligung illustrieren:

Der Nachlass beträgt 400.000. Ehemann enterbt den eigenen Sohn. Alleinerbin wird die Ehefrau. Ehemann setzt in seinem Testament ein Vermächtnis in Höhe von 50.000 zugunsten Freund aus.

Der Freund hat die Pflichtteilslast im Verhältnis des Wertes des Vermächtnisses zum ungekürzten Nachlass, also in Höhe von ⅛ zu tragen.

Der Pflichtteilsanspruch des Sohnes in Höhe von 100.000 hat der Freund als Vermächtnisnehmer demnach mit einem Betrag in Höhe von 12.500 mit zu tragen. In Höhe dieses Betrages kann die Ehefrau demnach das Vermächtnis an den Freund kürzen.

Ist der Vermächtnisnehmer selber Pflichtteilsberechtigter?

Eine Einschränkung erfährt das Kürzungsrecht des Erben dann, wenn der Vermächtnisnehmer selber Pflichtteilsberechtigter ist. Gemäß § 2318 Abs. 2 BGB ist die Kürzung nämlich nur insoweit zulässig, als dem Vermächtnisnehmer in jedem Fall sein eigener Pflichtteil betragsmäßig in voller Höhe erhalten bleiben muss.

Zugunsten des Erben sieht § 2318 Abs. 3 BGB schließlich vor, dass er Zahlungen an Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigten dann und insoweit verweigern kann, als ihm wegen der zu tragenden Pflichtteilslast jedenfalls ein eigener Pflichtteil in voller Höhe erhalten bleiben muss. Dieses Kürzungsrecht gegenüber dem Vermächtnisnehmer gilt jedoch nur hinsichtlich eines vom Erben zu tragenden Pflichtteils.

Losgelöst vom Pflichtteilsrecht rechtfertigt der § 2318 Abs. 3 BGB keine Verweigerung der Zahlung eines Vermächtnisses durch den Erben an den Vermächtnisnehmer, mag das Vermächtnis auch noch so hoch sein.

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