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Der Pflichtteil verjährt auch dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein Testament nach einer gewissen Zeit für unwirksam hält!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München –  Hinweisbeschluss vom 30.03.2023 – 33 U 7507/22

  • Vater enterbt Tochter – Diese macht den Pflichtteil geltend
  • Im Nachgang ficht die Tochter das zugrunde liegende Testament an
  • Nach über vier Jahren verfolgt die Tochter ihren Pflichtteil weiter und scheitert an der Verjährung

Das Oberlandesgericht München hatte die Verjährung eines Pflichtteilanspruchs beurteilen.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2018 verstorben.

Der Erblasser hatte im Jahr 2017 zwei Testamente errichtet.

Erblasser verfasst in einem Jahr zwei Testamente

In einem ersten Testament aus dem April 2017 hatte der Erblasser seine Tochter als alleinige Erbin eingesetzt.

In einem zeitlich späteren Testament aus dem Oktober 2017 hatte der Erblasser das April-Testament abgeändert, seine Tochter von der Erbfolge ausgeschlossen und seine Enkelin als Erbin eingesetzt.

Im Juni 2018 machte die Tochter des Erblassers dann gegen die Erbin einen Pflichtteilsanspruch geltend.

Enterbte Tochter macht den Pflichtteil geltend

Die Tochter des Erblassers ließ die Erbin hierzu über ihren Anwalt folgendes wissen:

„Infolge der damit verbundenen Enterbung unserer Mandantin stehen dieser Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen Sie zu.“

In der Folge überwies die Erbin an die Tochter des Erblassers noch im Jahr 2018 auf den geltend gemachten Pflichtteil über 50.000 Euro, was von der Tochter des Erblassers auch vorbehaltlos akzeptiert wurde.

Plötzlich will die Tochter einen Erbschein als Alleinerbin

Im Juni 2019 beantragte die Tochter des Erblassers dann aber beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der sie als alleinige Erbin ausweisen sollte.

Begründet wurde dieser Erbscheinsantrag von der Tochter des Erblassers mit dem Argument, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des zeitlich letzten Testaments nicht mehr testierfähig gewesen war.

Im März 2022 wies das Nachlassgericht diesen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins durch die Tochter des Erblassers aber ab.

Tochter will doch wieder Pflichtteilsansprüche geltend machen

Nach diesem gescheiterten Erbscheinantrag forderte die Tochter des Erblassers die Erbin ebenfalls im März 2022 nochmals auf, Angaben über den Bestand des Nachlasses zu machen, damit sie über die bereits erhaltenen Gelder hinaus ihren Pflichtteil geltend machen kann.

Nachdem die Erbin diesem behaupteten Anspruch der Tochter des Erblassers mit dem Argument begegnete, dass der Pflichtteil mit Ablauf des Jahres 2021 der Verjährung unterliegen würde, erhob die Tochter des Erblassers Klage zum Landgericht.

Das Landgericht wies diese Klage der Tochter des Erblassers wegen Verjährung ab.

Berufung gegen das Urteil des Landgerichts scheitert

Gegen diese Entscheidung legte die Tochter des Erblassers Berufung zum Oberlandesgericht ein.

In der Berufung argumentierte die Klägerin, dass wegen der zweifelhaften Testierfähigkeit des Erblassers Unsicherheit bestanden habe, ob sie Erbin geworden sei oder ihr nur Pflichtteilsansprüche zustünden.

Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit sei ihr Pflichtteilsanspruch gerade nicht verjährt.

Das OLG ließ die Klägerin allerdings wissen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe.

Auch das OLG geht von Verjährung aus

Auch das OLG ging vielmehr ebenfalls davon aus, dass der Pflichtteilsanspruch der Klägerin verjährt war.

Das OLG wies zur Begründung darauf hin, dass eine einmal zu laufen begonnene Verjährungsfrist nicht deswegen zu laufen aufhört, weil der Pflichtteilsberechtigte das zugrunde liegende Testament entgegen seiner ursprünglich zutreffenden Beurteilung später (unzutreffend) für unwirksam hält.

Die Klägerin hatte nach dem Tod ihres Vaters zunächst ihren Pflichtteil gefordert. In diesem Moment fing auch die Verjährung an zu laufen.

Der nachträgliche Streit um die Wirksamkeit des Testaments konnte an dem Lauf der Verjährung nichts mehr ändern.

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