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Güterstand und Pflichtteil – Durch eine Änderung des Güterstands den Pflichtteil reduzieren!

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Die Höhe des Pflichtteils ist abhängig von dem Güterstand, in dem der verheiratete Erblasser gelebt hat
  • Der Normalfall ist der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft
  • Ein Wechsel des Güterstandes kann den Pflichtteil schmälern

Das Recht auf den Pflichtteil ist in Deutschland in Stein gemeißelt.

Nahe Familienangehörige und insbesondere die Kinder des Erblassers werden im Erbfall durch den Pflichtteil am Nachlass beteiligt, selbst wenn der Erblasser zu dem Pflichtteilsberechtigten bereits seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr hatte und er ihn aus diesem Grund in seinem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen hat.

Der Pflichtteil verschafft dem Pflichtteilsberechtigten einen Geldanspruch in Höhe des Wertes der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils.

Der Erbe hat den Pflichtteil zu bezahlen

Je nach Wert des Nachlasses kann da auf den Erben als Schuldner des Pflichtteils schnell eine sechs- oder auch siebenstellige Forderung zukommen.

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Beispiel:
Erblasser ist in zweiter Ehe im gesetzlichen Güterstand verheiratet und hat eine Tochter aus erster Ehe.
Erblasser setzt in seinem Testament seine zweite Ehefrau als alleinige Erbin ein.
Das Vermögen des Erblassers hat einen Wert in Höhe von 1 Mio. Euro.
Nach dem Tod des Erblassers kann die Tochter bei einer Pflichtteilsquote von 25% einen Anspruch in Höhe von 250.000 Euro bei der zweiten Ehefrau anmelden.

Erblasser und seine Erben haben in der Praxis kaum Möglichkeiten, dem Pflichtteilsanspruch zu entgehen.

Güterstand von Eheleuten hat Einfluss auf die Höhe des Pflichtteils

Grundlage des Pflichtteils ist regelmäßig der komplette Nachlass des Erblassers.

Hat der Erblasser vor seinem Ableben Vermögen durch Schenkungen auf Dritte übertragen, dann erhöhen auch diese Schenkungen nach § 2325 BGB den Pflichtteil.

In Anbetracht der Tatsache, dass Erblasser und Erbe dem Pflichtteil kaum entkommen können, sind die Auswirkungen, die ein Ehepaar durch den Wechsel des Güterstandes, in dem sie leben, umso erstaunlicher.

Von der Zugewinngemeinschaft in die Gütergemeinschaft wechseln

Wenn Eheleute einen am Horizont heraufziehenden Pflichtteilsanspruch minimieren wollen, kann sich beispielsweise ein Wechsel vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in den Güterstand der Gütergemeinschaft lohnen.

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist der gesetzliche „Normalfall“ nach einer Eheschließung.

Eheleute können aber jederzeit einen Notar aufsuchen, dort einen Ehevertrag beurkunden lassen und durch diesen Ehevertrag in den Güterstand der Gütergemeinschaft wechseln.

Ehepartner erhält bei einem Wechsel des Güterstandes den Zugewinn

Die Auswirkungen eines solchen Güterstandswechsels hin zur Gütergemeinschaft können in Bezug auf den Pflichtteil im Einzelfall durchaus nachhaltig sein.

Zunächst einmal ist nämlich bei Beendigung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nach § 1372 BGB zwischen den beiden Ehepartnern ein Ausgleich des Zugewinns vorzunehmen.

Hatte in dem vorstehend geschilderten Beispielsfall die zweite Ehefrau z.B. während der Ehe keinen Zugewinn erzielt und betrug der Zugewinn des Ehemannes 1 Mio. Euro, dann erhält die Ehefrau als Zugewinnausgleich einen Betrag in Höhe von 500.000 Euro.

Zugewinnausgleich löst keine Schenkungsteuer aus

Für diese durch die Zugewinnausgleichsforderung ausgelöste Vermögensverschiebung auf die Ehefrau fällt auch ausdrücklich keine Schenkungsteuer an, § 5 Abs. 2 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz).

Nach dem Ausgleich des Zugewinns beträgt mithin das pflichtteilsrelevante Vermögen des Erblassers nicht mehr 1 Mio. Euro, sondern nur noch 500.000 Euro.

Zu beachten ist für die Eheleute allerdings, dass sich der Erbteil des überlebenden Ehepartners (und damit die Pflichtteilsquote von Pflichtteilsberechtigten) bei Wechsel von der Zugewinngemeinschaft zur Gütergemeinschaft ändert.

Die Pflichtteilsquote der Kinder ändert sich

Beträgt das gesetzliche Erbrecht des Ehepartners neben vorhandenen Kindern des Erblassers bei der Zugewinngemeinschaft in der Regel noch ½ (§§ 1931, 1371 BGB), so beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehepartners im Fall der Gütergemeinschaft nur noch ¼.

Auf ein (Einzel-)Kind des Erblassers entfällt bei der Gütergemeinschaft mithin eine höhere Erbquote in Höhe von ¾ … und damit auch eine höhere Pflichtteilsquote in Höhe von 3/8.

Wollen die Eheleute diesen Nachteil in Bezug auf die höhere Erb- und Pflichtteilsquote des Kindes wieder ausgleichen, kann man darüber nachdenken, von dem Güterstand der Gütergemeinschaft wieder in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurück zu wechseln.

Bei Nutzung einer solchen Gestaltung muss man allerdings im Hinblick auf den Pflichtteil ein Restrisiko in Kauf nehmen.

Was sagen die Gerichte zu dem Modell?

Ob nämlich ein solcher mit dem erklärten Ziel der Pflichtteilsminimierung durchgeführte Wechsel zwischen den Güterständen am Ende von den Gerichten akzeptiert wird, ist noch nicht abschließend geklärt.

Positiv stimmt in diesem Zusammenhang allerdings ein Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1991 (BGH, 27.11.1991, Az. IV ZR 266/90):

„Die Bereicherung schon deshalb dem Recht der Schenkung zu unterwerfen und daran ferner die Rechtsfolgen der §§ 2325, 2329 BGB anzuknüpfen, ginge jedoch entschieden zu weit.“

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