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Solange eine Person im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen ist, wird die Richtigkeit des Grundbuchs vermutet!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 27.09.2023 – 34 Wx 240/23 e

  • Nachlassgericht erteilt einem Erben einen Erbschein
  • Der Erbe überträgt nachfolgend ein Nachlassgrundstück
  • In der Folge hat das Nachlassgericht Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins

Das Oberlandesgericht München hatte in einer grundbuchrechtlichen Angelegenheit über die rechtliche Bedeutung eines vom Nachlassgericht erteilten Erbscheins zu entscheiden.

In der Sache war eine Erblasserin im Jahr 2022 verstorben.

Im Dezember 2022 erteilte das zuständige Nachlassgericht einem Erben X einen Erbschein als Alleinerbe der Erblasserin.

Grundstück wird vom Erben auf eines Vermächtnisnehmerin übertragen

Gleichzeitig erteilte das Nachlassgericht einer als Testamentsvollstreckerin eingesetzten Person Z antragsgemäß ein Testamentsvollstreckerzeugnis.

In dem Testament der Erblasserin war in einem Vermächtnis vorgesehen, dass ein in den Nachlass fallendes Grundstück nach dem Erbfall an eine Vermächtnisnehmerin Y übertragen werden soll.

Diese Vermächtnisverpflichtung erfüllte der Erbe X und übertrug das Grundstück im Juni 2023 an die Vermächtnisnehmerin Y.

Vermächtnisnehmerin wird als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen

Die Vermächtnisnehmerin Y wurde im Juli 2023 auch als neue Eigentümerin der Immobilie in das Grundbuch eingetragen.

In der Folge veräußerte die Vermächtnisnehmerin Y am 17.08.2023 die Immobilie an den A und den B.

Als dieser letzte Veräußerungsvorgang aber im Grundbuch vollzogen werden sollte, verweigerte das Grundbuchamt die entsprechende Berichtigung des Grundbuchs.

In der Zwischenzeit hatte nämlich das Nachlassgericht am 04.08.2023 eine einstweilige Anordnung erlassen, mit der der Testamentsvollstreckerin Z aufgegeben worden war, den erteilten Erbschein zurückzugeben.

Nachlassgericht hat Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins

Dem Nachlassgericht waren nämlich Zweifel an der Richtigkeit des Erbscheins gekommen.

Vor diesem Hintergrund forderte das Grundbuchamt von dem Notar, der den Vertrag zwischen der Y und den Erwerbern A und B beurkundet hatte, die Vorlage eines neuen Erbscheins.

Dieser neue Erbschein solle, so das Ansinnen des Grundbuchamtes, die Erbenstellung des ursprünglichen Erben X nochmals bestätigen.

Beschwerde gegen die Verfügung des Grundbuchamtes

Gegen diese Verfügung des Grundbuchamtes legte die Testamentsvollstreckerin Beschwerde ein.

In dieser Beschwerde wies die Testamentsvollstreckerin darauf hin, dass zugunsten desjenigen, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sei, die Vermutung gelte, dass er verfügungsbefugter Inhaber dieses Rechts sei.

Nachdem die Vermächtnisnehmerin Y im Grundbuch aber als Eigentümerin ausgewiesen war, sei ein vom Grundbuchamt angeforderter neuer Erbschein für den Erben X nicht erforderlich.

OLG gibt der Beschwerde statt

Das Grundbuchamt wollte dieser Beschwerde nicht abhelfen. Daher musste das Oberlandesgericht eine Entscheidung treffen.

Das OLG gab der Beschwerde statt.

Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass eine Eintragung in das Grundbuch erfolgt, wenn derjenige, dessen Recht von dieser Eintragung betroffen ist, eine entsprechende Bewilligung erteilt habe.

Grundbuch hat die Vermutung der Richtigkeit

Insoweit gelte die Vermutung, dass demjenigen, der im Grundbuch eingetragen ist, das Recht auch zustehe.

Diese vom Inhalt des Grundbuchs ausgehende Vermutung gelte nur dann nicht, wenn das Grundbuchamt über die sichere Kenntnis verfüge, dass das Grundbuch unrichtig ist.

Vorliegend sei, so das OLG, die Y als berechtigte Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.

Der Erbschein wurde nie eingezogen

Die Vermutung der Richtigkeit dieser Eintragung sei auch nicht widerlegt, da der Erbschein, auf dem die Übertragung der Immobilie von dem Erben X auf die Vermächtnisnehmerin Y beruhe, vom Nachlassgericht nicht eingezogen worden sei.

Weder das Grundbuchamt noch das Nachlassgericht seien von der Unrichtigkeit des zugrunde liegenden Erbscheins und damit von der Unrichtigkeit des Grundbuchs  überzeugt.

Bloße Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchs würden aber nicht ausreichen, um den Erwerbern A und B die Eintragung als neue Eigentümer zu verweigern.

Im Ergebnis konnte das Eigentum an der Immobilie auf die Erwerber A und B umgeschrieben werden.

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