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Wer dem Nachlassgericht ein Testament verschweigt, muss für die Kosten der Einziehung eines Erbscheins aufkommen!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Rostock – Beschluss vom 20.02.2023 – 3 W 18/23

  • Im Erbscheinverfahren wird die Existenz eines Testaments verschwiegen
  • Nach Kenntnis von dem Testament wird der Erbschein vom Gericht eingezogen
  • Wer muss die Kosten für die Einziehung des Erbscheins tragen?

Das Oberlandesgericht Rostock hatte sich mit einer Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung eines Nachlassgerichts zu beschäftigen.

In der Angelegenheit hatte eine vermeintliche Miterbin im Jahr 2021 zugunsten von insgesamt 12 Erben bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein beantragt.

Die Antragstellerin ging bei der Beantragung des Erbscheins davon aus, dass die gesetzliche Erbfolge für den Erbfall gilt.

Das Nachlassgericht erlässt einen Erbschein

Der von der vermeintlichen Miterbin beantragte Erbschein wurde vom Nachlassgericht am 04.01.2022 antragsgemäß erteilt.

Tatsächlich existierte aber ein gemeinschaftliches Testaments des Erblassers vom 24.01.2004.

Dieses gemeinsame Testament hatte der Erblasser bestimmt, dass seine Ehefrau nach seinem Tod alleinige Erbin sein soll.

Die Ehefrau verschweigt die Existenz des Testaments

Die als Alleinerbin eingesetzte Ehefrau hatte das Testament gegenüber dem Nachlassgericht aber im Erbscheinserteilungsverfahren gegenüber dem Nachlassgericht bewusst verschwiegen.

Dies traf auch auf eine weitere in dem erteilten Erbschein als Erbin ausgewiesene Person zu, die ebenfalls Kenntnis von dem Testament des Erblassers hatte.

Keine Kenntnis von dem Testament hatte hingegen diejenige Person, die den Erbschein beantragt hatte.

Das Nachlassgericht zieht den unrichtigen Erbschein ein

In der Folge wurde die Existenz des Testaments aber bekannt und es wurde bei dem Nachlassgericht beantragt, den – objektiv unrichtigen – Erbschein vom 04.01.2022 einzuziehen.

Diesem Antrag kam das Nachlassgericht dann auch anstandslos nach.

In seiner Entscheidung, mit dem die Einziehung des Erbscheins angeordnet wurde, legte das Gericht allerdings die Gerichtskosten des Einziehungsverfahrens und die insoweit notwendigen Aufwendungen aller 12 Beteiligten der Antragstellerin aus dem Erbscheinverfahren auf.

Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Nachlassgerichts

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts  legte die Betroffene Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG gab dieser Beschwerde statt und hob die Kostenentscheidung des Nachlassgerichts auf.

Das OLG ordnete in seiner Entscheidung an, dass die Gerichtskosten des Einziehungsverfahrens von der Ehefrau des Erblassers und der weiteren Person, die ebenfalls Kenntnis von der Existenz des Testaments gehabt hat,  jeweils zur Hälfte zu tragen seien.

Wer war für den unrichtigen Erbschein verantwortlich?

Weiter bestimmte das OLG, dass notwendige Aufwendungen der Beteiligten für das Einziehungsverfahren nicht zu erstatten sind.

In der Begründung seiner Entscheidung verwies das OLG darauf, dass sowohl die Ehefrau des Erblassers als auch die weitere Person zwar Kenntnis von dem Testament des Erblassers hatten, dies jedoch im Erteilungsverfahren verschwiegen haben.

Nur dadurch konnte der inhaltlich unrichtige Erbschein erteilt werden.

Das Verschweigen des Testaments wertete das OLG als grobes Verschulden gem. § 81 Abs.2 Nr.1 FamFG.

Die Person, die den Erbschein ursprünglich beantragt hatte, musste nach dieser Entscheidung nicht für Kosten aufkommen.

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