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Nachlasspfleger darf ein Porsche Cabrio aus dem Nachlass verkaufen!

Von: Dr. Georg Weißenfels

LG Karlsruhe – Beschluss vom 16.01.2023 – 14 W 112/22 (Wx)

  • In einem Streit über die Erbfolge setzt das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger ein
  • Der Nachlasspfleger will einen zum Nachlass gehörenden Porsche veräußern
  • Das Nachlassgericht erlaubt dem Nachlasspfleger den Verkauf des Porsches

Das Landgericht Karlsruhe hatte einen Streit zwischen mehreren Erben und einem Nachlasspfleger zu entscheiden.

In der Angelegenheit war ein Erblasser verstorben und hinterließ eine Ehefrau und zwei Kinder aus einer früheren Beziehung.

Nach dem Erbfall wurde vom Nachlassgericht ein gemeinsames Testament des Erblassers und seiner Ehefrau vom 18.06.2017 eröffnet.

Ist die Ehefrau alleinige Erbin?

Dieses Testament sah vor, dass die Ehefrau des Erblassers alleinige Erbin sein sollte.

Das von der Ehefrau angestrengte Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin wurde vom Nachlassgericht allerdings in dem Moment ausgesetzt, als die Kinder des Erblassers in dem Erbscheinverfahren erhebliche Zweifel an der Echtheit der Unterschrift ihres Vaters unter diesem Testament äußerten.

Zur Klärung dieser Frage ordnete das Nachlassgericht die Einholung eines graphologischen Gutachtens zur Frage der Urheberschaft an.

Die Unterschrift unter dem Testament stammte wohl nicht vom Erblasser

Der Gutachter kam dann tatsächlich zu dem Ergebnis, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass die Unterschrift auf dem Testament nicht vom Erblasser stammen würde.

Die beiden Kinder des Erblassers beantragten daraufhin einen Erbschein, der sie als hälftige Erben ihres Vaters ausweisen sollte.

Die Ehefrau sei, so der Vortrag der Kinder, wegen der Fälschung des Testaments aus der Erbfolge als erbunwürdig ausgeschieden.

Die Ehefrau wollte sich aber nicht geschlagen geben. Sie zog ihren ursprünglichen Erbscheinsantrag zurück und beantragte neu einen Erbschein auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge.

Das Nachlassgericht setzt einen Nachlasspfleger ein

Nachdem in dieser Situation Unklarheit über die Frage herrschte, wer den Erblasser beerbt hatte, bestellte das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis „Sicherung und Verwaltung des Nachlasses“.

In den Nachlass fiel auch ein vom Erblasser zu Lebzeiten geführter Obstbaubetrieb.

Der Nachlasspfleger musste jedoch feststellen, dass dieser Obstbaubetrieb defizitär war.

Was soll aus dem Obstbaubetrieb werden?

In der Folge entstand zwischen dem Nachlasspfleger und den Kindern des Erblassers Streit über die Frage, ob der defizitäre Obstbaubetrieb veräußert oder nur verpachtet werden sollte.

Zum Nachlass gehörte neben dem Obstbaubetrieb auch ein – betrieblich nicht genutzter – Porsche 911 GTS Cabriolet.

Der Nachlasspfleger wollte diesen Porsche veräußern und sich bzw. dem Nachlass mit dem Erlös aus dem Verkauf des Autos im Hinblick auf den defizitären Obstbaubetrieb finanziell etwas Luft verschaffen.

Der Nachlasspfleger holt ein TÜV-Gutachten ein

Der Nachlasspfleger holte zu diesem Zweck ein TÜV-Kurzgutachten über den Wert des Autos ein.

Das Gutachten ergab für den Porsche einen Händlerverkaufswert von 105.000 Euro.

Auf Grundlage dieses Gutachtens beantragte und erhielt der Nachlasspfleger vom Nachlassgericht die Genehmigung, den Porsche für den Nachlass zu veräußern. 

Gegen diesen Beschluss des Nachlassgerichts erhoben die beiden Kinder des Erblassers Beschwerde.

Wird der Porsche unter Wert veräußert?

Die Beschwerde wurde mit dem Argument begründet, dass der Porsche vom Nachlasspfleger unter Wert verkauft würde.

Nachdem das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abhelfen wollte, musste das Landgericht entscheiden.

Das Landgericht wies die Beschwerde als unbegründet ab.

In seiner Entscheidung wies das Landgericht darauf hin, dass das Nachlassgericht die Genehmigung zum Verkauf des Porsches mit Recht erteilt habe.

Der Porsche darf verkauft werden!

Die Erteilung der Genehmigung liege im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts.

Das Landgericht kam zu dem Ergebnis, dass die vom Nachlasspfleger beabsichtigte Veräußerung des Fahrzeugs der Sicherung des Nachlasses dienen und einer pflichtgemäßen Vermögenssorge entsprechen würde.

Die vom TÜV vorgenommene Begutachtung des Wertes des Fahrzeugs hielt das Landgericht für seriös und sei nicht zu beanstanden.

Im Ergebnis konnte der Porsche vom Nachlasspfleger verkauft werden.

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