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Erblasser hinterlässt sowohl ein notarielles als auch zwei private Testamente – Das Grundbuchamt besteht für die Grundbuchberichtigung auf der Vorlage eines Erbscheins!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Schleswig – Beschluss vom 30.12.2022 – 2 Wx 29/22

  • Erblasser regelt seine Erbfolge in mehreren notariellen und privaten Testamenten
  • Die Erben wollen sich bei der Grundbuchberichtigung die Kosten für einen Erbschein sparen
  • Grundbuchamt besteht zu Recht auf der Vorlage eines Erbscheins

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte zu klären, ob Erben für eine Grundbuchberichtigung einen Erbschein vorlegen müssen.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2017 verstorben und hinterließ drei Söhne.

Der Erblasser hatte im Jahr 2014 ein notarielles Testament errichtet und in diesem Testament seine drei Söhne zu je 1/3 als Erben eingesetzt.

Erblasser errichtet weitere Testamente

Im April und September 2017 errichtete der Erblasser dann aber zwei weitere private Testamente.

In dem Testament vom April 2017 ordnete der Erblasser lediglich Änderungen in Bezug auf Vermächtnisse an.

In dem handschriftlichen Testament vom September 2017 fand sich dann aber folgende Anordnung des Erblassers:

"Dieses Testament habe ich niedergeschrieben in der Erwartung, dass meine Söhne mögliche Meinungsverschiedenheiten einvernehmlich beilegen oder gegebenenfalls den Einigungsvorschlag des Testamentsvollstreckers annehmen. Ein Erbe, der Klage erhebt, hat nur Anspruch auf den Pflichtteil."

Zum Nachlass gehörte auch Immobilienvermögen.

Die Söhne des Erblassers beantragen die Berichtigung des Grundbuchs

Nach dem Ableben des Erblassers beantragten seine drei Söhne, dass das betroffene Grundbuch dahingehend berichtigt wird, dass als neue Eigentümer die Söhne als Erben in Erbengemeinschaft eingetragen werden.

Zur Begründung dieses Antrags verwiesen die Söhne des Erblassers auf das notarielle Testament aus dem Jahr 2014.

Das Grundbuchamt reagierte auf diesen Berichtigungsantrag der Söhne mit dem Hinweis, dass ein – kostenpflichtiger – Erbschein zum Nachweis der Erbfolge vorgelegt werden möge.

Welche Rolle spielt das private Testament bei der Erbfolge?

Das Grundbuchamt wies die Söhne des Erblassers dabei darauf hin, dass das letzte privatschriftlich Testament aus dem September 2017 möglicherweise Auswirkungen auf die Erbfolge habe.

Daraufhin zogen die Söhne des Erblassers ihren ursprünglichen Grundbuchberichtigungsantrag zurück und wollten nunmehr als Miteigentümer zu je 1/3 eingetragen werden.

In diesem Zusammenhang legten die Betroffenen dem Grundbuchamt einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag vor.

Auch eine eidesstattliche Versicherung hilft nicht weiter

In der Folge versuchten die Söhne des Erblassers das Grundbuchamt auch noch durch eine eidesstattliche Versicherung des vom Erblasser eingesetzten Testamentsvollstreckers, wonach keiner der Söhne nach dem Eintritt des Erbfalls Klage erhoben habe.

Nachdem das Grundbuchamt aber weiter auf der Vorlage eines Erbscheins bestand, legten die Betroffenen Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG teilte aber die Rechtsauffassung des Grundbuchamts und wies die Beschwerde als unbegründet ab.

Das Grundbuchamt habe, so das OLG in der Begründung seiner Entscheidung, den Erben zu Recht aufgegeben, zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein vorzulegen.

Die Erbfolge ergibt sich nicht nur aus dem notariellen Testament

Das OLG wies darauf hin, dass nach § 35 Abs. 1 S. 2 GBO dann von der Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der Erbfolge dann abgesehen werden könne, wenn sich die Erbfolge aus einem notariellen Testament ergebe.

Liege aber neben dem notariellen Testament ein weiteres privates Testament vor und beruhe die Erbfolgeregelung (auch) auf diesem privaten Testament, dann verbleibe es grundsätzlich dabei, dass gegenüber dem Grundbuchamt der Nachweis der Erbfolge durch die Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden müsse.

Lediglich in den Fällen, in denen das private Testament für die Regelung der Erbfolge bedeutungslos sei, könne alleine das notarielle Testament als Nachweis im Zusammenhang mit der Grundbuchberichtigung ausreichen.

Vorliegend attestierte das OLG dem zeitlich späteren privaten Testament die grundsätzliche Eignung, die im notariellen Testament angeordnete Erbfolge zu modifizieren oder zu beseitigen.

Aus diesem Grund konnte das Grundbuchamt zu Recht auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.

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