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Darf ein Testamentsvollstrecker Vermögen aus dem Nachlass an sich selber verkaufen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Beschluss vom 05.10.2022 – 2 Wx 195/22

  • Testamentsvollstrecker verkauft ein Grundstück aus dem Nachlass an sich selber
  • Grundbuchamt verweigert den Vollzug dieses Vertrages
  • OLG hebt die Entscheidung des Grundbuchamtes auf

Das Oberlandesgericht Köln hatte darüber zu entscheiden, ob ein vom Erblasser eingesetzter Testamentsvollstrecker einen Nachlassgegenstand an sich selber verkaufen darf.

In der Angelegenheit hatte eine Erblasserin am 20.09.1994 ein Testament errichtet und in diesem Testament drei Erben eingesetzt.

In dem Testament war von der Erblasserin ebenfalls angeordnet, dass einem der drei Erben die Rolle als Testamentsvollstrecker zufallen soll.

Erbengemeinschaft wird neue Eigentümerin des Grundstücks

Weitere Anordnungen zu Rechten und Pflichten des Testamentsvollstreckers enthielt das Testament nicht.

Nach dem Tod der Erblasserin im Jahr 1999 wurden alle drei Erben für ein in den Nachlass fallendes Grundstück als neue Eigentümer in Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen.

Am 21.02.2022 suchte der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Erbe einen Notar auf und ließ dort einen Kaufvertrag über das fragliche Nachlassgrundstück beurkunden.

Testamentsvollstrecker macht einen Vertrag mit sich selber

Mit diesem notariellen Kaufvertrag verkaufte der Testamentsvollstrecker das Grundstück namens des Nachlasses für einen Betrag in Höhe von 23.000 Euro an sich selber.

Bei der Umsetzung dieses notariellen Vertrages machte dann aber das Grundbuchamt Probleme.

Das Grundbuchamt wies den Testamentsvollstrecker-Erben darauf hin, dass in dem Testament der Erblasserin nicht vorgesehen sei, dass er als Testamentsvollstrecker Rechtsgeschäfte mit sich selber vornehmen darf.

Grundbuchamt verweigert die Grundbuchberichtigung

Das Grundbuch regte an, den Antrag auf Umschreibung der Immobilie zurückzunehmen und wies den Antrag, als eine solche Rücknahme vom Testamentsvollstrecker nicht erklärt wurde, zurück.

Zur Begründung seiner Entscheidung wies das Grundbuchamt darauf hin, dass keine Anhaltspunkte vorliegen würden, wonach der Testamentsvollstrecker von der Erblasserin vom Verbot des so genannten Insichgeschäftes nach § 181 BGB befreit worden wäre.

Gegen diese Entscheidung legte der Testamentsvollstrecker Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG gibt der Beschwerde des Testamentsvollstreckers statt

Das OLG gab der Beschwerde statt.

Das Grundbuchamt, so das OLG, habe den Antrag zu Unrecht mit Hinweis auf § 181 BGB zurückgewiesen.

Zwar finde die gesetzliche Vorschrift des § 181 BGB grundsätzlich auch auf einen Testamentsvollstrecker Anwendung.

Allerdings könnte, so das OLG unter Hinweis auf ein BGH-Urteil weiter, sich eine Gestattung eines Insichgeschäftes durch einen Erblasser auch konkludent aus dem zugrunde liegenden Testament ergeben.

Einsetzung als Testamentsvollstrecker ist ein besonderer Vertrauensbeweis

Die Einsetzung eines Erben als Testamentsvollstrecker stelle, so das OLG, einen besonderen Vertrauensbeweis dar, der nach Auffassung des OLG im Einzelfall auch die Vornahme eines Insichgeschäftes durch den Testamentsvollstrecker mit sich selber rechtfertigen könne.

Die weiteren Erben seien insoweit geschützt, als der Testamentsvollstrecker ohnehin an das Gebot einer ordnungsgemäßen Verwaltung nach § 2216 BGB gebunden sei.

Das OLG gab die Sache mit dieser Begründung dem Grundbuchamt zurück und forderte das Grundbuchamt auf, zu prüfen, ob es sich bei dem Kaufvertrag des Testamentsvollstreckers um ein (auch nur teilweise) unentgeltliches Rechtsgeschäft handeln würde.

Eine Schenkung an sich selber dürfe der Testamentsvollstrecker nämlich in keinem Fall vornehmen, § 2205 BGB.

Der Frage, ob im zu entscheidenden Fall eine (teilweise) Schenkung vorliegt, könne das Grundbuchamt aber unschwer anhand eines vorliegenden Wertgutachtens über die betroffene Immobilie nachgehen.

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