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Wann ist eine Enterbung möglich?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eine Enterbung kann unproblematisch im Testament angeordnet werden
  • Oft führt eine Enterbung zu einem Pflichtteilsanspruch
  • Der Pflichtteil kann nur in seltenen Fällen entzogen werden

In einem Testament kann man nicht nur Erben einsetzen, sondern auch Personen enterben.

Mit einer Enterbung ordnet der Ersteller des Testaments an, welche Person nach dem Erbfall nichts erhalten soll.

Die Entscheidung, jemanden zu enterben macht man sich in aller Regel nicht einfach.

Für eine Enterbung können gute Gründe sprechen

Oft geht einer Enterbung eine gescheiterte Beziehung zu engsten Familienangehörigen oder Verwandten voraus.

Manchmal hat der Erblasser gute Gründe dafür, beispielsweise eines seiner Kinder, den eigenen Ehepartner oder den eigenen Bruder von der Erbfolge auszuschließen und damit zu enterben.

Technisch lässt sich eine Enterbung relativ einfach umsetzen:

Ein Testament ist schnell errichtet

Man muss lediglich auf einem Blatt Papier handschriftlich ein Testament errichten und in diesem Papier folgendes anordnen:

Mein letzter Wille:
Ich schließe meinen Sohn Robert ausdrücklich von der Erbfolge aus.

Datum
Unterschrift

Wenn man diese handschriftliche Anordnung am Ende noch mit seinem Namen unterschreibt, hat man ein wirksames Testament verfasst und seinen Sohn Robert enterbt.

Eine Enterbung muss nicht begründet werden

Man muss diese Enterbung im Testament nicht begründen oder gar mit der enterbten Person vorab besprechen.

Mit der im Testament angeordneten Enterbung stellt man sicher, dass die enterbte Person im Erbfall nicht Erbe wird.

Bei nächsten Familienangehörigen (insb. Kindern, Enkelkindern und dem Ehepartner) kann man es aber auch durch eine Enterbung oft nicht verhindern, dass die Familienangehörigen am Ende doch von dem Vermögen des Erblassers profitieren.

Der Pflichtteil kann eine Enterbung durchkreuzen

Der Grund hierfür ist das gesetzliche Pflichtteilsrecht.

Wenn nämlich Abkömmlinge des Erblassers oder dessen Ehepartner im Testament von der Erbfolge ausgeschlossen werden, dann werden sie zwar nicht Erben, können aber im Regelfall den Pflichtteil fordern.

Diesen Effekt kann der Erblasser nur dadurch verhindern, indem er in seinem Testament ausdrücklich anordnet, dass die betroffene Person nicht nur enterbt werden soll, sondern dass er dieser Person darüber hinaus den Pflichtteil entzieht.

Wann kann der Pflichtteil entzogen werden?

Das Problem bei einer Entziehung des Pflichtteils ist aber, dass eine solche komplette Enterbung nur in seltenen und im Gesetz in § 2333 BGB abschließend definierten Fällen zulässig ist.

Um den Pflichtteil entziehen zu können, muss der betroffene Erbe beispielsweise versucht haben, den Erblasser oder eine dem Erblasser nahe stehende Person umzubringen.

Ein Pflichtteilsentzug ist weiter dann gerechtfertigt, wenn sich der betroffene Erbe eines Verbrechens gegen den Erblasser oder gegen eine dem Erblasser nahe stehende Person schuldig gemacht hat.

Eine komplette Enterbung ist schließlich dann möglich, wenn die betroffene Person wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt worden ist.

Strafrechtlich relevantes Verhalten rechtfertig den Entzug des Pflichtteils

Im Ergebnis muss der Erblasser für eine wirksame Entziehung des Pflichtteils demnach auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Betroffenen verweisen können.

Auch ist eine Entziehung des Pflichtteils nur dann wirksam, wenn der entsprechende Sachverhalt ausreichend konkret im Testament niedergelegt ist.

Ohne einen Bezug zum Strafrecht kann der Pflichtteil kaum entzogen werden.

Es reicht also insbesondere nicht aus, wenn der Erblasser den Betroffenen unsympathisch findet, sich von dem Betroffenen nicht ausreichend gewertschätzt oder schlecht behandelt fühlt oder dem Betroffenen eine Teilhabe am Nachlass aus sonstigen Gründen einfach nicht gönnt.

Im Ergebnis muss man also zwischen einer bloßen Enterbung und einer Entziehung des Pflichtteils unterscheiden.

Wenn ein pflichtteilsberechtigter Erbe im Testament „nur“ enterbt wird, bekommt er im Erbfall in der Regel trotzdem einen Teil vom Vermögen des Erblassers.

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