Aktuelle Infos zum Erbrecht Anwalt für Erbrecht finden Über 1.000 Urteile zum Erbrecht Geschrieben von Anwälten

Wie kann man jemand ohne Pflichtteil enterben?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eine Enterbung kann einfach im Testament angeordnet werden
  • Nächste Familienangehörige haben einen Anspruch auf den Pflichtteil
  • Wann kann man den Pflichtteil entziehen?

Manchmal ist es für einen Erblasser wichtig festzulegen, wer nicht erben soll.

Wenn zur eigenen Tochter bereits seit Jahren kein Kontakt mehr besteht, wenn sich die Enkelkinder nicht einmal mehr zu Geburtstag oder zu Weihnachten melden oder wenn der Sohn einen Lebenswandel pflegt, mit dem man absolut nicht einverstanden ist, dann macht man sich nachvollziehbar Gedanken, ob man im eigenen Testament nicht eine Enterbung anordnen sollte.

Gründe, eine bestimmte Person für den Erbfall vom eigenen Vermögen fernzuhalten, gibt es im Einzelfall viele.

Wie kann man eine Enterbung im Testament rechtssicher anordnen?

Entscheidend ist, dass man die Idee einer Enterbung im konkreten Fall auch rechtssicher umsetzt.

Die wichtigste Information bei einer geplanten Enterbung ist:

Eine Enterbung kann in vielen Fällen einfach in einem Testament angeordnet werden.

Ein Testament ist schnell errichtet!

Wenn man eine bestimmte Person im Erbfall nicht an seinem Vermögen teilhaben lassen will, dann reicht ein Blatt Papier und ein Stift, um diese Person zu enterben.

Mit folgender Formulierung kann man eine Person X in einem handschriftlich verfassten und unterschriebenen Testament wirksam enterben:

Mein letzter Wille
Ich schließe die Person X von meiner Erbfolge aus.
Datum
Unterschrift

Wenn man ein solches Testament verfasst, zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments die Testierfreiheit noch gegeben war (Vorsicht bei früheren gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten und Erbverträgen!!) und der oder die Testierende auch noch voll testierfähig war, dann erbt die Person X im Erbfall nichts.

Eine Enterbung muss nicht begründet werden!

Eine Begründung für eine Enterbung bedarf es nicht.

Ebenso wenig hat die enterbte Person gegen die Enterbung ein Widerspruchsrecht.

Auch wenn die Enterbung vom Betroffenen als absolut „ungerecht“ empfunden wird, so hat er oder sie die Entscheidung des Erblassers zu respektieren.

Die große Einschränkung: Der Pflichtteil

Eine Einschränkung hat jedoch jeder Erblasser im Zusammenhang mit einer in seinem Testament angeordneten Enterbung zu akzeptieren:

Wenn man nämlich nächste Familienangehörige in seinem Testament enterbt, dann kann man es in vielen Fällen trotzdem nicht verhindern, dass diese nächsten Familienangehörigen im Erbfall in Form des Pflichtteils am Vermögen des Erblassers beteiligt werden.

Insbesondere den Abkömmlingen des Erblassers (z.B. Kinder und Enkelkinder), aber auch dem Ehepartner und unter Umständen sogar den Eltern des Erblassers stehen ein Recht auf den Pflichtteil zu, wenn sie vom Erblasser durch Testament bzw. Erbvertrag enterbt wurden.

Der Pflichtteil kann im Einzelfall einen beträchtlichen Wert erreichen!

Dieser Pflichtteilsanspruch ist auf die Zahlung von Geld gerichtet und beläuft sich wertmäßig auf die Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils der enterbten Person.

Im Normalfall kann man also selbst mit einer im Testament angeordneten Enterbung nächster Familienangehöriger nicht verhindern, dass diese finanziell am Vermögen des Erblassers beteiligt werden müssen.

Wann erhält der Pflichtteilsberechtigte gar nichts?

Aber keine Regel ohne Ausnahme:

In bestimmten Fällen kann der Erblasser den an sich pflichtteilsberechtigten nächsten Familienangehörigen den Pflichtteil durch eine entsprechende Anordnung im Testament entziehen und die Betroffenen auf diesem Weg komplett enterben.

Die Betroffenen erhalten in diesem Fall keinen einzigen Euro aus dem Vermögen des Erblassers.

Die Gründe, die eine Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen, sind allerdings im Gesetz in § 2333 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) abschließend aufgezählt.

So ist eine Entziehung des Pflichtteils grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn sich der Pflichtteilsberechtigte eines schweren Vergehens im Sinne von § 2333 BGB  gegen den Erblasser schuldig gemacht hat.

Liegt dieser Sachverhalt aber vor, dann kam man in seinem Testament eine komplette Enterbung anordnen, ohne dass der Enterbte ein Recht auf seinen Pflichtteil hat.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

Das könnte Sie auch interessieren:
Bei der Enterbung auf Nummer sicher gehen – Vor Eintritt des Erbfalls Klage gegen den Enterbten erheben
Folgen einer Enterbung - Erhält der Enterbte gar nichts mehr?
Der Entzug des Pflichtteils – Wie kann der Erblasser den Entzug wirksam anordnen?
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht

Erbrecht